Die Truhe ist der Schatz

Antike Möbelstücke können schnell mehrere Tausend Euro wert sein. Einsteiger sollten sich zuerst auf Messen oder beim Fachhändler kundig machen, um nicht zu teuer zu kaufen
Welt am Sonntag 29.01.2012 von Harald Czycholl

 

Ein Schatz, so lehren uns die Märchen aus der Kindheit, steckt in einer Truhe. Die ist dann irgendwo vergraben, und meist braucht man zumindest eine Schatzkarte, um sie samt Inhalt zu finden. Ist die Truhe dann leer, ist das Geschrei groß: Irgendein Bösewicht war schneller und hat den Schatz mitgehen lassen. Dabei könnte es durchaus sein, dass der Bösewicht schlicht keine Ahnung hatte, als er den Schatz mitnahm, die Schatztruhe jedoch zurückließ: Denn so ein antikes Stück kann schnell Tausende Euro wert sein.Bei der Kunst- und Antiquitätenbörse in Schliersee im Süden Bayerns etwa wird eine barocke Truhe aus dem 18. Jahrhundert für 1650 Euro angeboten. Für eine gotische Truhe aus dem 15. Jahrhundert muss man sogar 2000 Euro auf den Tisch legen. Spitzenreiter ist hier eine gotische Vorstellertruhe aus dem Westfalen des 16. Jahrhunderts: Mit aufwendigem Lilienbeschlag verziert, bringt sie es auf satte 9000 Euro. Solch ansehnliche Preise werden nicht nur für Truhen bezahlt – andere Möbelstücke haben teils noch einen viel höheren Wert. Ein paar Kostproben: Ein barocker Kleiderschrank aus Süddeutschland, hergestellt um 1700, kommt auf 12.000 Euro. Auf immerhin knapp 10.000 Euro kommt ein Biedermeier-Eckschrank aus der Zeit um 1850. Und für einen frühbarocken sogenannten Frankfurter Wellenschrank aus dem 17. Jahrhundert muss man sogar 25.000 Euro auf den Tisch legen.

Antike Möbelstücke sind also eine attraktive Wertanlage. Zumal Preissteigerungen quasi garantiert sind: Denn mit den Jahren geht das eine oder andere Stück kaputt, sei es weil der Zahn der Zeit unaufhörlich daran nagt oder weil es von seinem Besitzer vernachlässigt wird. Somit reduziert sich das Angebot – was zu höheren Preisen der verbleibenden, gut gepflegten Möbelstücke führt.

"Vieles spricht dafür, antike Möbel zu sammeln", meint Axel Gorges, Inhaber des Antiquitätenhandels Antike Möbel Berlin . Wer einen Sinn hat für das Originale, für Qualität und harmonische Formgebung und dazu ein wenig individualistische Romantik bewahrt hat, werde sich in der Umgebung antiken Mobiliars wohlfühlen, so Gorges. "Antike Möbel zu sammeln ist nicht erst in unserer Zeit Mode geworden." Von jeher habe es Antiquitätenfreunde gegeben, die zu den Möbeln ihrer Zeit oder der Dutzendware unseres Industriezeitalters keinerlei Beziehung haben.

Im Gegensatz zu vielen anderen Sammelobjekten haben nämlich antike Schränke, Stühle, Tische und Kommoden einen unschlagbaren Vorteil: Sie stehen nicht nur dekorativ in der Wohnung herum – sondern man kann sie auch nutzen. "Möbel und Mobiliar gibt es wohl schon so lange, wie Menschen begannen, sich wohnhaft einzurichten", sagt Thomas Schmidtkonz, Sammelexperte und Herausgeber der Online-Portale Sammler.com und Sammlernet.de."Möbel sind oft nicht nur Kunsthandwerk, sondern auch wahre Kunstwerke, die die verschiedenen Kunstepochen widerspiegeln." Wer antikes Mobiliar sammeln möchte, sollte sich allerdings spezialisieren. Jeder Sammler braucht bestimmte Kriterien, nach denen er selektiert. Denn sammeln bedeutet schließlich, eine Auswahl zu treffen. Nur Kraut und Rüben kaufen kann jeder, dazu verliert man schnell den Überblick – schließlich ist dieses Sammelgebiet sehr umfangreich.

Experten raten Einsteigern dazu, ihre ersten Stücke auf Messen oder bei Antiquitätenhändlern zu erwerben. Im Gegensatz zu Ebay-, Flohmarkt- oder Kleinanzeigenkäufen ist hier nämlich die fachkundige Beratung im Preis inbegriffen. Die Gefahr, an eine billige Fälschung oder Replik zu geraten, ist gering. Außerdem wird das frisch erworbene Prunkstück auf der Rechnung exakt beschrieben: Entstehungszeit, Holzart und Zustand sind dort notiert. Und sollte sich herausstellen, dass das dort Beschriebene nicht zutrifft, kann man das Möbelstück innerhalb eines Jahres umtauschen und bekommt sein Geld zurück.

Wer historische Möbel verkaufen möchte, ist ebenfalls in Fachgeschäften am besten beraten. "Wer antike Möbel verkaufen möchte, sollte Fachwissen und eine seriöse Abwicklung in Anspruch nehmen", sagt Händler Gorges. Prinzipiell lohnt es sich, mindestens zwei Angebote einzuholen, bevor man verkauft. Das minimiert das Risiko, teure Stücke unter Wert abzugeben. Viele Händler und Auktionshäuser bieten auch Wertgutachten an. Diese kosten zwar rund 100 Euro, bieten aber Expertise und eine realistische Einschätzung.
Und wer weiß: Vielleicht, wenn die Preisschätzung vom Fachmann zu niedrig ausfällt für das eigentlich doch so schöne und gut erhaltene Stück, behält man es ja dann doch. Fliegt eben das Billy-Regal raus, und an seine Stelle kommt ein schicker Biedermeier-Schrank. Allerdings sollte der Standort für edle historische Möbel gut überlegt sein, mahnen Experten: Altes Holz mag keine hohe Luftfeuchtigkeit oder den Heizkörper in direkter Nachbarschaft.

 
 
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